07.03.2023 – Fraunhofer-Forschende haben im Projekt „Haid-Power“ eine Lösung entwickelt, die Strom aus erneuerbaren Energien mit Strom aus dem öffentlichen Netz kombiniert und die Schwankungen durch Batterien ausgleicht.
Immer mehr Industriebetriebe nutzen erneuerbare Energien wie Photovoltaik als zusätzliche Energiequelle neben dem öffentlichen Stromnetz. Das ist insgesamt eine erfreuliche Entwicklung, gleichzeitig bringt es jedoch auch Herausforderungen mit sich: denn die schwankende Leistung von Windkraft und Photovoltaik, die jeweils abhängig vom Wetter und damit nur wenig beeinflussbar sind, macht das Energiemanagement in Industrie und Gewerbe zunehmend zu einer immer komplexer werdenden Aufgabe.
Eine zentrale Rolle in diesem Zusammenhang können Batterien spielen: sie dienen als Puffer und gleichen die Schwankungen der elektrischen Leistung aus. Industrieunternehmen, die auf ihren Dächern Photovoltaikanlagen montiert haben, können somit enorm profitieren, sofern es gelingt, den selbst produzierten Strom aus Photovoltaik und den Strom aus öffentlichen Netzen effizient miteinander zu kombinieren. Diesen Bedarf adressiert das Projekt „Haid-Power“ des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Als Partner ist das ebenfalls in Freiburg angesiedelte Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut EMI an Bord.
„Wir entwickeln in Haid-Power eine Lösung, die von Unternehmen der produzierenden Industrie genutzt werden kann, um die Photovoltaiktechnologie in Kombination mit Batteriespeichern als Ergänzung für die Deckung ihres Energie- und Leistungsbedarfs einzusetzen“, erklärt Felix Stortz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Angewandte Speichersysteme am Fraunhofer ISE.
CO2-Ausstoß verringern, Kosten sparen
Das Grundprinzip der Lösung ist dabei einfach: die Software wird mit den Verbrauchsdaten aller Anlagen und den Daten zu Status und Ladekapazität der durch Photovoltaik aufgeladenen Batterien gefüttert. „Das Energiemanagement-System kann dann festlegen, wie viel Leistung die hauseigenen Batterien liefern können und wie viel Strom aus dem öffentlichen Netz entnommen werden muss“, berichtet Felix Stortz. Und das Prinzip trägt Rechnung: durch die daraus resultierende optimierte Nutzung des Potenzials der erneuerbaren Energien können Unternehmen ihre CO2-Emissionen senken und zugleich Stromkosten sparen. „Das intelligente Energiemanagement hilft damit darüber hinaus dabei, größere Investitionen wie die Installation neuer Stromleitungen zu vermeiden“, führt Felix Stortz aus.
Da die Intensität der Sonneneinstrahlung und damit die Leistung der Photovoltaikanlage teilweise schon Stunden bis Tage vorher prognostizierbar ist und gleichzeitig die typischen Verbrauchsdaten aller Maschinen in der Produktion vorliegen, lassen sich diese Informationen nutzen, um die Software mit einer Prognose-Fähigkeit auszustatten. So kann die Betriebsleitung eines Unternehmens im Voraus planen, wie viel Energie aus der Photovoltaik zu erwarten ist und wie viel aus dem öffentlichen Stromnetz entnommen werden muss. Grundsätzlich könnten auch die Strompreise in die Planung mit einfließen: Preisspitzen könnten so beispielsweise mit Batteriebetrieb abgefedert werden.
Das System verlässt sich aber keineswegs auf die Prognosen. Die aktuellen Verbrauchsdaten der Maschinen fließen über intelligente Zähler in das System ein, ebenso der aktuelle Status der Batterien. So kann das System jederzeit reagieren, etwa wenn spontan eine Maschine hochgefahren werden muss.
Integriertes Lastmanagement
Ein zentraler Baustein der Lösung sei laut Felix Stortz außerdem das integrierte Lastmanagement. Während das Energiemanagement als übergeordnete Instanz für die Gesamtstrategie von Stromproduktion und Stromentnahme aus den verschiedenen Quellen verantwortlich ist, dient das Lastmanagement als Tool, um auf Verbrauchsspitzen zu reagieren. Wenn beispielsweise die Ladekapazität der Energiespeicher erschöpft ist, gleichzeitig aber eine energieintensive Anlage wie etwa ein Ofen hochgefahren wird und damit mehr Strom aus dem öffentlichen Netz entnommen werden müsste, gibt das Lastmanagement ein entsprechendes Signal an das Energiemanagement. Dieses sorgt dann dafür, dass andere Maschinen gedrosselt oder abgeschaltet werden. „Denkbar wäre auch, Maschinen zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Batterien aufgeladen sind, laufen zu lassen. Natürlich nur, wenn die Produktion das zulässt“, führt Felix Stortz aus.
Die Lastmanagement-Lösung wurde in der Programmiersprache Python programmiert. Diese bietet volle Transparenz. Das System wird fortlaufend weiterentwickelt und läuft auf Industrie-PCs mit Standardschnittstellen. „Auch der Betrieb auf dem firmeneigenen Server, der sich übers Web ansteuern lässt, ist problemlos realisierbar“, resümiert Felix Stortz. Darüber hinaus arbeiten die Fraunhofer-Institute in Freiburg derzeit an einem Living Lab. Auch hier steht das Thema Batterietechnik im Mittelpunkt: das Labor dient als Plattform für praxisnahe Tests von Komponenten oder Systemlösungen und deren Weiterentwicklung. Es steht auch Industriekunden offen, die ihre Konzepte oder Systeme unter realen Betriebsbedingungen testen und qualifizieren wollen. (jr)