19.01.2023 – Seit Beginn des Jahres gilt in Deutschland für Bürger:innen und Industrie die Gaspreisbremse. Damit will die Bundesregierung die stark gestiegenen Gaspreise abfedern. Laut einem aktuellen Bericht des Handelsblatts erfüllt die Gaspreisbremse für energieintensive Unternehmen jedoch nur bedingt ihren Zweck. Demnach fürchten viele Mittelständer, dass das Hilfspaket gar nicht oder zu spät bei ihnen ankommen wird. Grund dafür seien die Auflagen zum Abrufen der Subventionen. So sagte Rolf Cramer, Geschäftsführer der Druckguss Westfalen GmbH, gegenüber dem Handelsblatt: „Wir würden die Hilfen gern in Anspruch nehmen, doch so, wie die Preisbremse ausgestaltet ist, halten wir das für unmöglich.“
Was er damit meint: die Hilfsmaßnahme wird unter andrem davon abhängig gemacht, wie die Unternehmen im Gesamtjahr 2023 wirtschaftlich aufgestellt sind. Doch zu einer validen und belastbaren Prognose sehen sich viele Unternehmen angesichts der drohenden Rezession kaum in der Lage. Das führe laut Handelsblattbericht dazu, dass viele Unternehmen auf eine Beantragung des Hilfspakets freiwillig vorerst verzichten wollen. So hält in der Chemiebranche laut einer Umfrage lediglich ein Drittel aller Firmen die Preisbremse in der jetzigen Form für hilfreich.
Auch in anderen Branchen sei die Sorge groß: „Der mittelständische Industriestandort Deutschland ist in Gefahr“, sagt etwa Max Schumacher, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG). Die Unternehmen fordern dringend Nachbesserungen. Grundsätzlich können Industrieunternehmen die Hilfen beantragen, wenn sie einen Jahresbedarf von mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden Gas haben. „Bei bis zu zwei Millionen Euro an Mehrkosten fürs Gas bekommt man diese zu 100 Prozent erstattet – bei vier Millionen nur zur Hälfte“, erläutert BDG-Chef Schumacher. Die Summe, die erstattet wird, stagniert also nach seiner Darstellung. Für ihn ist aber beispielsweise unklar, ob man auch nur einen Teil der Kosten gelten machen kann.
Für besonders große industrielle Verbraucher mit Mehrkosten von bis zu 150 Millionen Euro gelten noch kompliziertere Regelungen – abhängig vom Gewinnrückgang des Unternehmens, der Einordnung als energieintensiver Betrieb oder der Energie- und Handelsintensität der jeweiligen Branche.
Dass die Vergabe der Hilfen so komplex und aufwendig gestaltet ist, liegt unter anderem an den Beihilferichtlinien der EU. Für besonders energieintensive Branchen und Unternehmen sehen diese Regeln zwar Ausnahmen vor. Sie können unter bestimmten Bedingungen bis zu 150 Millionen Euro an Hilfen beantragen. Diese Höchstförderung gibt es jedoch nur, wenn der Gewinn vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) für 2023 um 40 Prozent unter dem des Jahres 2021 liegt. Da die Mittelständler diesen Gewinn aber schlecht abschätzen können, rechnen sie mit einer bösen Überraschung: Am Ende drohen hohe Rückzahlungen von Hilfen, für die sie in den kommenden schwierigen Monaten Rückstellungen aus dem laufenden Geschäft bilden müssten. Denn die bezogene Summe steht sofort unter Rückzahlungsvorbehalt und muss in der Bilanz entsprechend bewertet werden. (jr)