13.10.2022 – Immer größere und leistungsfähigere Modelle, immer geringere Stromgestehungskosten, ein immer höherer Bedarf nach Erneuerbaren Energien und ein gesellschaftlich wie politisch nie größerer Wille zur Abkehr von fossilen Energieträgern – nach wie vor sprechen viele Faktoren dafür, dass Windenergieanlagen (WEA) für Investoren interessant bleiben. Hinzu kommt, dass der Wind im deutschen Strommix der Erneuerbaren die bedeutendste Energiequelle ausmacht – Tendenz steigend.

Im Jahr 2017 wurden rund 6,5 MW Windenergie in Deutschland zugebaut. Davon sind wir heute weit entfernt. Die Tokenisierung von Windenergieanlagen könnte den Hype jedoch wieder neu entfachen. Foto: Pixabay / meineresterampe
Damit die Aussichten weiterhin gut bleiben, muss auch die Akzeptanz in der breiten Bevölkerung für die Windenergie aufrechterhalten und gestärkt werden. Ein geeignetes Mittel hierfür kann unter Umständen das Angebot an Privatpersonen sein, sich direkt, unkompliziert, flexibel, transparent und auch mit niedrigen Summen an Windenergie-Projekten beteiligen zu können. Denn: Man arrangiert sich leichter mit Dingen, die einem persönlich gehören und obendrein noch eine Rendite bescheren. Nun reicht die Palette an Investitionsmöglichkeiten von Anleihen und Aktien über Direktbeteiligungen, Genussrechte oder Nachrangdarlehen – allerdings vermag praktisch keine der existierenden, all die zuvor genannten Attribute gleichzeitig in sich zu vereinen.
So bieten geschlossenen Fonds beziehungsweise Direktbeteiligungen zwar eine direkte Miteigentümerschaft inklusive Gewinnbeteiligung und Mitspracherecht für Investoren. Dies geht jedoch wiederum zulasten der Flexibilität, denn die Laufzeit solcher Investments beträgt mindestens zehn Jahre. Zudem ist auch die Einstiegshürde für Kleinanleger recht hoch, da eine relativ hohe Investitionssumme nötig ist, um Miteigentümer zu werden.
Im Vergleich dazu ist der Kauf oder Verkauf von Windenergie-Aktienfonds sowie Aktien einzelner Windenergie-Unternehmen wesentlich flexibler und mit erheblich geringerem Kapitaleinsatz möglich. Wer sich eine Aktie von Vestas, Nordex & Co ins Depot legt, profitiert idealerweise von positiven Kursentwicklungen oder Dividenden und investiert ebenfalls (relativ) direkt in die Geschäftsmodelle sowie in die laufenden wie zukünftigen Projekte der Unternehmen – aber eben nicht in ein ganz bestimmtes Windprojekt.
Das heißt aber nicht, dass es keine adäquate Möglichkeit für Anleger gäbe oder keine neuen Chancen hinzukämen, um sich an Windenergie-Vorhaben beteiligen zu können – im Gegenteil. Denn exakt so, wie sich Windenergieanlagen technologisch weiterentwickeln, bringen auch neue digitale Technologien frischen Wind in den Anlegermarkt und eröffnen gänzlich neue Investment-Perspektiven im Bereich Windenergie. Eine davon schauen wir uns etwas näher an: Die Tokenisierung – in diesem Fall die Tokenisierung von Windenergieanlagen.
Wenn man sich das Prinzip der Tokenisierung vor Augen führt, dann wird schnell deutlich, dass sie das Zeug hat, die gesamte Finanzindustrie und die Kapitalmärkte grundlegend zu verändern. Durch sie wird es möglich reale Vermögenswerte beziehungsweise Assets, digital in viele kleine Einheiten einzuteilen und abzubilden, sodass sie anschließend über die Blockchain handelbar werden. Dadurch stehen sowohl institutionellen als auch privaten Anlegern nun plötzlich Asset-Gruppen zur Verfügung, zu denen sie vorher keinen oder nur schwer Zugang erhalten hätten.
Bei einem Token handelt es sich um eine digitalisierte Darstellung beziehungsweise Übertragung eines Vermögenswertes auf die Blockchain. Bei der Tokenisierung von Assets, wie zum Beispiel physischen oder digitalen Kunstgegenständen, Oldtimern, Luxusuautos, Immobilien, Finanzinstumenten oder anderen Sachwerten, werden aus diesen also mehrere Token erschaffen, die einen bestimmten Wert oder auch eine Funktion besitzen können. Ebenso findet bei der Tokenisierung ein digitaler Verbriefungsprozess statt. Das hat den Vorteil, dass durch diesen die Besitzverhältnisse an Vermögenswerten oder auch Rechten geregelt und sichergestellt sind – ähnlich, wie beim Besitz einer Aktie, der in der Regel ebenfalls mit einem Besitzanteil am Unternehmen und einem Stimmrecht als Aktionär einher geht. Durch Token lässt sich die Eigentumskette von der Produktion oder Erstellung bis zum Verbrauch lückenlos zurückverfolgen.
Theoretisch lassen sich alle Assets, die man handeln kann, auch tokenisieren und die Tokens davon emittieren. Etliche nicht tokenisierte Vermögenswerte sind üblicherweise illiquide und meist kaum oder gar nicht bewegbar – insbesondere bei Immobilien oder – um beim Windenergie-Thema zu bleiben – Windenergieanlagen. Dann wäre da noch ihr hoher Preis, weshalb sie für ein direktes Investment auch nur einer begrenzten Zahl an potenziellen Investoren zur Verfügung stehen.
Dies ändert sich durch die Tokenisierung: Dank der digitalen Stückelung in beliebig kleine Anteile, ist die Hürde für einen Einstieg in ein geplantes oder bereits laufendes Windenergieprojekt erheblich niedriger. Auch Investoren mit kleinem Budget können so zu Miteigentürmern von Windenergieanlagen werden, zu ihrer Finanzierung beitragen und an ihren Erträgen partizipieren. Hinzu kommt die dezentrale Struktur der Blockchain und ihre Effizienz. Sie erlaubt es, nahezu ohne bürokratischen Aufwand, ohne mitverdienende Makler sowie unabhängig von Finanzmärkten Assets zu tokenisieren und diese Anlegern rund um den Globus zugänglich zu machen – in Echtzeit. (jr)