29.11.2023 – Gewerbe- und Industrieunternehmen wollen klimafreundlich produzieren und setzen vermehrt auf Energiespeicher. Ob Eigenverbrauchsoptimierung, Ersatzstrom oder Lastspitzenmanagement – die Einsatzmöglichkeiten von Commercial & Industrial (C&I)-Energiespeichersystemen sind vielfältig.
Der Gewerbespeichermarkt in Deutschland boomt. Von 2021 auf 2022 ist der Markt für Energiespeicher mit einer Kapazität bis circa einer Megawattstunde um 24 Prozent gewachsen und ist weiterhin auf Wachstumskurs. Der Grund liegt auf der Hand: Im Zuge der Energiewende wollen immer mehr Gewerbe- und Industriebetriebe klimafreundlich werden und investieren in einen Energiespeicher. Doch die Systeme erhöhen nicht nur die Effizienz erneuerbarer Erzeugungsanlagen, sondern machen Unternehmen zusätzlich netzunabhängiger und reduzieren die Stromkosten.
Eigenverbrauchsoptimierung
Besitzen Unternehmen bereits eine Solar- oder Windkraftanlage oder möchten eine Anlage anschaffen, lässt sich deren Ertrag mit einem Energiespeicher erhöhen. Bei der sogenannten Eigenverbrauchsoptimierung speichert der Energiespeicher den Strom zwischen, wenn die Sonne scheint und viel Energie produziert wird, und gibt ihn bei Bedarf wieder ab. So kann ein größerer Anteil des erneuerbaren Stroms genutzt und auch zu Zeiten ohne Solarstrom, z.B. nachts, nutzbar gemacht werden.
Verfügen Firmen über einen Ladepark für E-Autos oder möchten ihre Autoflotte elektrifizieren, kann der Batteriespeicher außerdem zur Erweiterung des Netzanschlusspunktes dienen, wenn dieser nicht für die Leistung von Ladesäulen ausgelegt ist. Ein Batteriespeicher wird in diesem Fall mit der am Netzanschlusspunkt möglichen Leistung beladen und kann die Energie mit der von den Ladesäulen benötigten höheren Leistung wieder abgeben. Eine teure und langwierige Erweiterung des Netzanschlusses entfällt. Zudem werden dem Unternehmen keine hohen Lastspitzen und damit keine hohen Netzentgelte berechnet.
Wie das aussehen und welche Auswirkungen das haben kann, zeigt folgendes Beispiel: Der E-Ladepark einer exemplarischen Firma hat einen jährlichen Stromverbrauch von 172.800 kWh und eine jährliche Lastspitze von 300 kW (siehe Abbildung). Durch den Einsatz des Gewerbespeichers INTILION | scalebloc kann die jährliche Lastspitze auf 60 kW reduziert werden, sodass sich die Netzentgelte von 38.700 Euro um rund 80 Prozent auf 7.740 Euro reduzieren lassen.
Lastspitzen managen
Lastspitzen im Strombezug können nicht nur durch die E-Mobilität entstehen, sondern beispielsweise auch zu Produktionshochzeiten oder morgens, wenn die Produktionsanlagen hochgefahren werden. Beim Peak Shaving geht es darum, diese Leistungsspitzen im Stromverbrauch abzufangen. Dies ist speziell für Firmen mit Benutzungsstunden über 2.500 Stunden interessant, da diese einen höheren Leistungspreis zahlen müssen. Die sogenannten Benutzungsstunden ergeben sich aus dem Quotienten der bezogenen Jahresenergie und der maximalen Bezugsleistung. Mit Hilfe eines Batteriespeichers lassen sich diese Spitzen „kappen“. Dafür wird ein Grenzwert für die Leistung definiert. Sobald der Wert überschritten wird, springt der Energiespeicher ein, sodass es zu geringeren Spitzenlasten in der Netznutzung kommt. Gewerbebetriebe können so die Netzentgelte für ihr Unternehmen reduzieren.
Besonders energieintensive Unternehmen mit einem Verbrauch von mehr als zehn Gigawattstunden im Jahr, die unter anderem mithilfe von Batteriespeichern ihr Lastprofil glätten, können nach § 19 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) bis zu 80 Prozent der Entgelte sparen. Der Grund: Weil die Netzbetreiber bei der Anwendung von gleichmäßigen Bezugskurven ihre Stromnetze besser auslasten können, bieten sie für konstante Bezüge günstigere Preise an.
Treten bei einem Industrieunternehmen über einen bestimmten Zeitraum erhöhte Strombezüge auf, ist die maximale Bezugsleistung entsprechend hoch angesetzt, wodurch sich ein geringerer Wert für die Benutzungsstunden ergibt. Die Folge: Das Unternehmen zahlt hohe Netzentgelte. Glättet es jedoch durch einen Batteriespeicher seine Lastspitzen, sinkt die maximale Bezugsleistung, was die Jahres-Volllaststunden erhöht. Die Grenze, ab der ein Stromkunde vom Versorger als netzdienlich angesehen wird, liegt bei 7.000 Benutzungsstunden. Ab diesem Wert zahlt er nach § 19 der StromNEV für das Bezugsjahr deutlich niedrigere Netzentgelte. Firmen, die über den Einsatz eines Speichersystems nachdenken, sollten die 7.000-Stunden-Regel berücksichtigen, weil sich die Investition dann besonders schnell amortisiert. Rechnet sich ein Batteriespeicher, der „nur“ die Lastspitzen kappt, je nach Leistungspreis in etwa sechs Jahren, reduziert sich die Amortisationszeit durch das Erhöhen der Benutzungsstunden auf circa zwei bis drei Jahre.
Für Unternehmen, die die 7.000 Benutzungsstunden nicht überschreiten, können sich die Regelungen für atypische Netznutzer eignen. Sie erhalten vergünstigte Netzentgelte, wenn ihre Jahreshöchstlast außerhalb von Hochlastzeitfenstern innerhalb ihres Verteilnetzes liegt.
Sich vor Stromausfällen schützen
Gewerbe- und Industriebetriebe, die über die Anschaffung eines Batteriespeichers nachdenken, sollten darauf achten, dass dieser über eine Netzersatzfunktion verfügt. Denn bereits kurze Stromausfälle können zu hohen wirtschaftlichen Einbußen führen. Firmen können sich mit ersatzstromfähigen Batteriespeichern absichern und die wichtigsten Verbraucher weiterversorgen, wenn das Netz zusammenbricht. Das Speichersystem geht dann in den netzbildenden Betrieb und übernimmt die Aufgaben des Netzes: Es baut das Netz auf, stellt die Leistung bereit und gibt die Spannung und Frequenz des Inselnetzes vor. Dadurch lassen sich z.B. nach einem Stromausfall auch PV-Anlagen weiter betreiben, die dann neben der Eigenverbrauchsoptimierung auch den Speicher laden können. (jr)