01.02.2023 – Bis zum Jahr 2030 will die Energiegenossenschaft Prokon seine Erzeugungskapazitäten nahezu verdoppeln. Das teilte das Unternehmen in einer Pressekonferenz Ende Januar mit. Demnach sei das Jahr 2022 ein guter Anfang gewesen: „In der Flächenakquise war 2022 für uns ein gutes Jahr. 1.500 Megawatt Kapazität für bestehende und geplante Windenergieanlagen in den nächsten Jahren sind unter bestimmten Bedingungen keine Utopie“, betont etwa Hennig von Stechow, Vorstandsvorsitzender von Prokon. Mit dabei seien Repowering-Projekte von Altanlagen sowie Projekte, deren Genehmigungen kurz bevorstünden. Darüber hinaus würden mittlerweile rund 40.000 Mitglieder nach Prokon-Angaben zur Wachstumsstrategie der Genossenschaft beitragen, indem sie im vergangenen Jahr insgesamt 13,3 Millionen Euro zusätzliches Geschäftsguthaben zeichneten. „Prokon ist echte Bürgerbeteiligung an der Energiewende. Bei uns profitieren unter dem Strich Bürger wie du und ich. Jeder kann mitmachen und schon ab 50 Euro zum Teilhaber von Windenergieanlagen werden“, führt von Stechow aus.
Wachstumsaussichten bis 2030
Die Genossenschaft will ihre Kapazitäten bis 2030 verdoppeln. „Das können wir schaffen, vorausgesetzt, wir bekommen den notwendigen finanziellen Rückenwind durch unsere Mitglieder und auch Gesetzgeber, Behörden und Zulieferer ziehen mit“, sagt Andreas Neukirch, Vorstand von Prokon. Er führt aus: „In unserer Strategie für die nächsten Jahre setzen wir auf resilientes Wachstum. Im Fokus stehen unsere Kernkompetenzen: Die Entwicklung von Windenergieanlagen sowie deren Betrieb und Wartung. Gleichzeitig stellen wir uns geographisch und inhaltlich breiter auf. Wir haben beispielsweise Photovoltaik-Projekte auf der Agenda und weiten unseren Service für Windenergieanlagen nach Finnland aus. In Spanien wollen wir mit ersten Photovoltaik-Projekten aktiv werden. Mit Wasserstoff, Biomethan und Batteriespeichern erschließen wir uns neue Bereiche.“
Aus den bisher 820 Megawatt (MW) sollen bis 2030 so rund 1.500 MW werden, diese potenzielle Kapazität ist für bestehende und geplante Windenergieanlagen (WEA) möglich. Eine wachsende Rolle spielt das Repowering von Altanlagen. Die Energiegenossenschaft sieht darin ein Potenzial von rund 600 MW Leistung. Rund 440 MW sind genehmigungsfähig, für über 100 MW erwartet Prokon im Laufe des Jahres die Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Sie sind der wichtigste Meilenstein, nach dem eine Windenergieanlage in die Ausschreibung gehen kann. Insgesamt erzeugen die 71 Windparks von Prokon in Deutschland, Finnland und Polen jährlich rund 1,2 Milliarden Kilowattstunden Strom.
Energie aus Sonne und Biomasse im Fokus
Für die nahe Zukunft in 2023 plant Prokon mehrere Windprojekte in Finnland und Polen. In Deutschland steht das erste Repowering in Horst (Schleswig-Holstein) an. Noch in diesem Jahr will die Energiegenossenschaft außerdem den ersten von drei geplanten Solarparks bauen. Er verfügt über eine Leistung von sechs MW sowie einen Pufferspeicher und wird im rheinland-pfälzischen Walshausen zwischen Zweibrücken und Pirmasens errichtet. Zudem steht eine Biomethan-Anlage auf Basis tierischer Wertstoffe im niedersächsischen Ströhen in den Startlöchern, ein weiteres Biomethan-Projekt befindet sich im Genehmigungsverfahren.
Im laufenden Jahr werden auch die Energiekrise und Gewinnabschöpfungen die Geschäfte der Genossenschaft prägen, erklärt Henning von Stechow: „Als genossenschaftlicher Energieversorger bekennen wir uns klar zu solidarischem Handeln. Wir haben durch die hohen Energiemarktpreise gut verdient und sehen es als unsere Pflicht, einen kollektiven Beitrag zu leisten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Gewinnabschöpfungen uns in unserem geplanten Wachstum derzeit ausbremsen.“ Die Genossenschaft schätzt, dass der Abschöpfungsbetrag im Jahr 2023 nach aktueller Gesetzeslage bei rund 21 Millionen Euro liegen wird, im Falle einer Verlängerung der Regelungen bis zum Jahresende sogar bei knapp 40 Millionen Euro. „Dieser Betrag steht uns nicht für Investitionen in erneuerbare Energien zur Verfügung“, bedauert Henning von Stechow. Insgesamt aber würdige man, dass die Maßnahmen der Bundesregierung die Märkte beruhigt haben und es gelungen sei, Energieengpässe und Ausfälle zu vermeiden.
Spürbarer „Wind of Change“?
„Langfristig ist die Perspektive für den Ausbau der regenerativen Energien in Deutschland positiv und auf den meisten Ebenen ist tatsächlich ein ‚Wind of Change‘ spürbar. Wir sind mehr als bereit dafür“, sagt Andreas Neukirch. Er führt aus: „Beispielsweise führen die verbindlichen Flächenzielvorgaben für die Bundesländer und neue Berechnungsmethoden dazu, dass neue Flächen ausgewiesen werden. Auch die artenschutzrechtliche Bewertung wurde neu geregelt und Genehmigungsprozesse werden zunehmend optimiert. Das geht alles in die richtige Richtung.“ Luft nach oben sei beim Bundes-Immissionsschutzgesetz, dessen angekündigte Novelle noch ausstehe. Hier müsse die typenoffene Genehmigung geregelt werden: „Bisher ist in der BImSchG-Genehmigung ein konkreter WEA-Typ festgelegt, andere Anlagen dürfen nicht erbaut werden. Aber wir alle wissen: Material ist knapp und Lieferketten sind gestört. Darauf müssen wir flexibel reagieren können“, erklärt Andreas Neukirch. „Wenn wir es alle gemeinsam schaffen, die letzten Bremsklötze aus dem Weg zu räumen, können wir die Energiewende in den kommenden Jahren mit großen Schritten voranbringen.“ (jr)