10.04.2025 – Konkrete Rechnungen belegen Einsparpotenziale für den Aufbau von Gleichstromnetzen in Betrieben, die zunehmend Speicher, PV, Elektromobilität und neuartige Verbraucher integrieren.
Weltweit ist der Wechselstrom bei der Energieerzeugung, -übertragung, -verteilung und dem Energieverbrauch der Standard. Der Grund dafür, dass er sich vor rund 130 Jahren gegen den Gleichstrom, durchgesetzt hat, waren die Vorteile der einfachen Transformation der Spannungen und die effizientere Integration der damaligen Großkraftwerke in die Netze. Doch in den letzten Jahren hat sich die Situation dramatisch geändert, immer mehr Verbraucher arbeiten mit Gleichstrom und auch die Erzeugung von Strom mit regenerativen Energien, die Batterietechnik sowie die Elektromobilität basieren weitestgehend auf Gleichstrom. Auch das weltweit tätige Unternehmen Eaton forciert die Entwicklung dieser Technologien in Firmen- und Betriebsnetzen. Das auf intelligentes Energiemanagement spezialisierte Unternehmen wurde 1911 gegründet und erzielte im Jahr 2023 einen Umsatz von 23,2 Milliarden US-Dollar.
„DC Microgrids sind eine ideale Grundlage, um Erzeugung vor Ort sowie Batteriespeicher und Ladestationen besser in Firmennetze zu integrieren und gleichzeitig Einsparungen zu erzielen“, sagt Hartwig Stammberger, Manager Strategic Associations Direct Current bei Eaton Industries und Sprecher des Vorstands der Open DC Alliance, einer 2022 gegründeten ZVEI-Arbeitsgemeinschaft für die anwendungsübergreifende Etablierung der Gleichstromtechnik. Es werde daher Zeit für neue Konzepte für die Energieübertragung
Die Zukunft grüner Energie ist DC
2024 wurde in Deutschland so viel saubere Elektrizität erzeugt wie noch nie zuvor. Windkraft und Photovoltaik sorgten für über die Hälfte der gesamten Stromerzeugung in der Bundesrepublik. In den modernen Windkraftanlagen dominiert zwar die Kombination von drehzahlvariablem Antrieb und Asynchrongeneratoren, die zunächst Wechselstrom liefern. Da allerdings die Frequenz dieses Outputs proportional zur Drehzahl ist, ändert sie sich mit den Windverhältnissen. Um effizient ins 50 Hz-Netz einspeisen zu können, ist also zunächst die Umformung des Stroms notwendig. Für diesen Schritt werden heute in der Regel auf Halbleitertechnologie basierende Umformer eingesetzt, bestehend aus einem Gleichrichter, einem DC-Zwischenstromkreis und einem Wechselrichter. „Diese sind zwar wesentlich effizienter als frühere Systeme, dennoch treten durch die AC-DC-AC-Doppelwandlung Verluste auf“, so Stammberger.
Direkten Verbrauch vor Ort fördern
Auch bei Industrie und Gewerbe geht der Trend zur Integration von erneuerbarer Energie. Hier gilt die physikalische Regel: Selbst erzeugten Strom ins Netz einzuspeisen und bei Bedarf wieder von dort zu beziehen, ist immer mit Übertragungsverlusten verbunden. Effektiver ist die Eigennutzung des Stroms – direkt durch Verbraucher oder bei Zwischenspeichern beziehungsweise durch Elektrofahrzeuge. Viele dieser Verbraucher arbeiten mit Gleichstrom, daher liegt die Idee nahe, auf den Zwischenschritt der AC-Übertragung auf lokaler Ebene zu verzichten, um dort die Erzeugung, Nutzung, Speicherung und Abgabe von elektrischem Strom in einem DC-Mikronetz direkt miteinander zu koppeln.
Ganz ohne Umwandlung geht es auch in diesem Konzept nicht. „Da die Erzeuger variable Spannungen liefern, müssen sie zunächst auf das einheitliche Spannungsniveau des Mikronetzes gebracht werden“, sagt Stammberger. Durch die direkten DC-DC-Umwandlungen können allerdings unnötige Zwischenschritte eingespart werden.
Am Beispiel einer Windkraftanalage und einem frequenzgeregelten Elektromotor wird deutlich, wie sich diese Vorteile bemessen lassen. In einem konventionellen System würde zunächst ein Umformer mit einem Gleichstromzwischenkreis die Netzspannung und -frequenz bereitstellen. Auf der Verbraucherseite das Gleiche: wieder ein Zwischenkreis, der den Motorregler speist. Insgesamt findet also viermal eine Umwandlung statt. „In einem Gleichstromnetz ließe sich das auf zweimal beschränken und die Zwischenkreise könnten entfallen“, erklärt der DC-Experte. Auch wenn moderne Halbleiter-Stromrichter Wirkungsgrade von bis zu 98 Prozent erreichen können, entstehen dennoch immer Verlustleistungen. In großen Systemen können sich diese schnell zu einem beachtlichen Ausmaß addieren.
DC-Mikronetze in der Praxis

Eaton sieht in industriellen Umgebungen gute Einsatzmöglichkeiten für DC-Netze. Quelle: usertrmk/www.freepik.com
Für Eaton können Gleichstromnetze ihre Vorteile vor allem in industriellen Umgebungen ausspielen. Neben dem Wegfall unnötiger Doppelwandlung kommen dort vor allem der geringere Materialbedarf für die Verkabelung und geringere Leistungsverluste zum Tragen: 3-Phasenwechselstrom benötigt vier Leiter, Gleichstrom nur drei. „Außerdem werden die Gleichstromnetze mit 650 Volt statt 400 betrieben, was geringere Ströme zur Folge hat und geringere Kabelquerschnitte erlaubt“, erklärt Stammberger. Für den Betrieb eines 7,5 kW-Motors mit Frequenzumrichter, ohne Netzfilterung, bedeutet dies, dass ca. halb so viel Kupfer für die Verkabelung notwendig ist (4,5 statt 10 mm²). Der Leistungsverlust reduziert sich von 8,6 W/m um 50 Prozent auf 4,3 W/m. Auf ein Jahr hochgerechnet ergeben sich dabei Einsparungen von 2.500 Euro pro Kilometer Kabel (bei 10 Cent pro kWh und Zweischichtbetrieb).
„Zudem reduziert sich in DC-Mikronetzen die Einspeiseleistung, da Spitzenlast lokal aus Speichern bereitgestellt wird. Die geringere maximale Einspeiseleistung entlastet das Versorgungsnetz und führt für zu niedrigeren Energiepreisen für den Betreiber des DC Microgrids. “, führt Stammberger weiter aus. Anders als bei herkömmlichen AC-Netzen wird in DC Microgrids Bremsenergie – z.B. bei der Absenkung von Lasten aus Regalsystemen oder beim Abbremsen von Robotern – direkt genutzt. So wird kinetische Energie in elektrische Energie zurückgewandelt und kann direkt ins Netz gespeist werden anstatt als Wärmeverlust in Bremswiderständen verloren zu gehen. „Unternehmen, die Hochleistungsladestationen in ihre Gebäude integrieren wollen, profitieren ebenfalls von einer DC-Installation, da diese Anlagen ebenfalls mit DC-Technologie arbeiten. „Alles in allem sind eigene Gleichstromnetze in Industriebetrieben die Grundlage für eine zukunftsfähige, saubere Energieversorgung, die möglichst effizient arbeitet und bestmöglich in ihr Umfeld integriert ist“, resümiert Hartwig Stammberger.