24.07.2024 – Die EnBW plant nach eigenen Angaben eine Eigenbeteiligung von zunächst knapp einer Milliarde Euro am Auf- und Ausbau eines nationalen Wasserstoff-Kernnetzes. Das nach Planungen der Bundesregierung zufolge bis 2032 entstehen und wesentlicher Bestandteil eines zukünftigen European Hydrogen Backbone (EHB) werden. Über die Anbindung an das Kernnetz sollen nach Angaben von ENBW in Zukunft insbesondere große Industriezentren, Kraftwerke und Erzeugungsanlagen mit Wasserstoff versorgt und darüber hinaus transnationale Korridore für den Wasserstoffimport eröffnet werden.
„Das Wasserstoff-Kernnetz ist der Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft der Zukunft und damit die Voraussetzung für die vollständige Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft und das Erreichen der Klimaziele“, erklärt EnBW-Vorstandsmitglied Dirk Güsewell, verantwortlich für systemkritische Infrastruktur. “EnBW begrüßt und unterstützt dieses wegweisende Vorhaben. Damit wird ein weiteres wichtiges Kapitel der Energiewende aufgeschlagen, in die unser Unternehmen bis 2030 insgesamt rd. 40 Milliarden Euro investieren wird.“
Im Rahmen eines gemeinsamen Antrags der deutschen Fernleitungsnetzbetreiber haben das EnBW-Tochterunternehmen terranets bw und die VNG/ONTRAS Gastransport konkrete Zusagen für Leitungsvorhaben bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Eine Genehmigung durch die Bundesnetzagentur steht noch aus. Über diese Leitungen, die durch Umstellen von Bestandsleitungen, aber auch durch neu zu bauende Verbindungen entstehen, sollen Baden-Württemberg sowie große Teile Ost- und Mitteldeutschlands an das Wasserstoff-Kernnetz angeschlossen werden.
„Der Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoff-Infrastruktur wird nicht von heute auf morgen passieren und er wird technisch wie wirtschaftlich nur schrittweise möglich sein. Umso mehr wird es darauf ankommen, gleich zu Beginn wirksame Investitionsanreize für einen zügigen Auf- und Ausbau zu schaffen“, ergänzt Güsewell. „Mit dem Amortisationskonto hat der Gesetzgeber eine Grundlage gelegt, die Differenz aus hohen Investitionskosten und anfangs noch geringen Einnahmen aus Netzentgelten auszugleichen.“ Weitere von EnBW geforderte Nachbesserungen am Finanzierungsrahmen, wie etwa eine Reduzierung des Selbstbehaltes für die Fernleitungsnetzbetreiber, seien hingegen nicht berücksichtigt worden.
Konkret habe die EnBW über ihre Tochter terranets bw zugesichert, die aktuell im Bau befindliche Süddeutsche Erdgasleitung (SEL) in das Wasserstoff-Kernnetz einzubringen. Die SEL wird nach ihrer Fertigstellung Bedarfsträger in Baden-Württemberg versorgen – zunächst mit Erdgas und später mit Wasserstoff. Dazu zählen beispielsweise die wasserstofffähigen Gaskraftwerke (Fuel Switch) in Heilbronn, Altbach/Deizisau und Stuttgart-Münster. Die Nutzung der SEL für das Wasserstoff-Kernnetz spare nach EnBW-Aussage Zeit und Kosten, weil sie bereits weitgehend wasserstofffähig ausgeführt wird. Weitere mögliche Projekte seien darüber hinaus Transportleitungen nach Oberschwaben und an den Bodensee sowie eine grenzüberschreitende Verbindung von Frankreich bis in den Breisgau.
Die VNG-Tochter ONTRAS wird Wasserstoff-Transportleitungen im mitteldeutschen Raum realisieren und damit die Verbindung der Region Leipzig mit dem mitteldeutschen Chemiedreieck, den Industriezentren in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, dem Berliner Raum sowie dem Industriebogen Meißen schaffen. Weitere mögliche Projekte sind die Verbindung südlich von Berlin über Eisenhüttenstadt nach Polen bis in die Lausitz, die Strecke südlich von Rostock nach Glasewitz sowie weitere Anbindungsleitungen.
In den kommenden Wochen konsultiere die BNetzA den Kernnetzantrag der Fernleitungsnetzbetreiber. Die weitere Entwicklung der Wasserstoff-Transport-Infrastruktur erfolge dann schrittweise, und bedarfsorientiert im Rahmen des integrierten Netzentwicklungsplanverfahrens Gas/H2. (cst)