04.12.2024 – ES gibt kaum noch Unternehmen, für die das Thema Energiekosten keine Rolle spielt. Doch gerade für Multisite-Unternehmen aus Industrie und Handel ist es mittlerweile existenziell, stets einen aktuellen Überblick über alle energierelevanten Daten zu haben – seien es die Verbräuche an den Standorten oder auch die Erzeugung durch eigene Anlagen. Denn diese Datentransparenz ist unverzichtbar, wenn es darum geht, an der Kostenschraube zu drehen oder energiebezogene Prozesse zu optimieren. Von der Beschaffung bis zur Energiebilanz als Grundlage für die Energie- und Stromsteuererklärung – aktuelle Praxisbeispiele zu diesen Themen standen deshalb im Mittelpunkt des ersten Symposiums für kaufmännisches Energiemanagement, zu dem Meine-Energie bei der Daimler Truck AG eingeladen hatte. Für Unternehmen mit vielen Standorten, Filialen und Niederlassungen war der Rahmenvertrag für den Energieeinkauf lange Zeit das Mittel der Wahl, wenn es darum ging, Strom oder Erdgas zu guten Konditionen zu beziehen. Doch diese Zeiten scheinen vorbei. „Die Energielieferanten wollen keine Multi-Site-Kunden mehr“, stellt Alexander Ebert vom Energiemanagement der Müller Holding GmbH & Co. KG aus Ulm, besser bekannt als Müller Drogeriemärkte, fest. Das Unternehmen betreibt allein in Deutschland fast 600 Filialen. Genug Abnahmemöglichkeiten für Lieferanten, könnte man meinen. Doch auf Ausschreibungen für Stromlieferverträge gibt es kaum noch Bewerbungen. Ein Grund: Die Abrechnung ist zu aufwendig. So wurde die Zahl der möglichen Partner immer kleiner, die angebotenen Preise immer höher und damit die Auswahl immer schwieriger.
Eigener Bilanzkreis
Deshalb entschied sich Müller 2022 selbst zum Versorger zu werden. Die Beschaffung sollte über einen eigenen Bilanzkreis organisiert und die Abrechnung zentral über den langjährigen Partner Meine-Energie abgewickelt werden. Dessen webbasiertes Energiekonto führte ohnehin schon seit Jahren die Verbrauchsdaten aller Müller-Drogeriemärkte in Deutschland und Österreich zusammen und wurde auch für die automatisierte Rechnungsprüfung sowie das Energiecontrolling genutzt. Die Vorteile des Bilanzkreismodells: Das Risiko beim Stromeinkauf kann auf mehrere Lieferanten verteilt werden, die Abrechnung im Konzern bleibt in einer Hand und der Einkauf ist bereits Jahre im Voraus möglich. Zudem kann sowohl der Spotanteil variiert und vorgegeben werden als auch Base- und Peak-Mengen eingekauft werden. Auch Mengenänderungen oder Einsparungen, wie sie bei Müller beispielsweise durch die konsequente Umstellung der Beleuchtung in den Filialen auf LED erzielt werden konnten, müssen nicht mehr von einem Lieferanten „genehmigt“ werden.
Nach umfangreichen Vorarbeiten startete 2023 das erste echte Lieferjahr. Die Tochtergesellschaft Müller Ladenbau fungiert nun als zentraler Stromlieferant für alle Filialen und Tochtergesellschaften. Für das Bilanzkreismanagement wurde ein externer Dienstleister gefunden. Meine-Energie ist nicht mehr nur für die Rechnungsprüfung, die Verbrauchsdatenkontrolle und die Datenaufbereitung für das ERP-System zuständig, sondern erstellt auch die Lieferantenrechnungen für Müller Ladenbau sowie die Abrechnungen pro Standort. Durch die zentrale Verarbeitung aller Energiedaten im Meine-Energie-Energiekonto konnten so nicht nur die Prozesse deutlich optimiert werden, so dass das kaufmännische Energiemanagement weiterhin vom dreiköpfigen Team bewältigt werden kann. „Das Modell ermöglicht auch eine effektivere Rechnungsprüfung und Kontrolle der Verbrauchsdaten. Denn wir sind jetzt ‚Teil des Systems‘ und nicht mehr nur ‚Rechnungsempfänger‘“, fasst Alexander Ebert zusammen.
Beispiel Daimler Truck
Ein weiteres Beispiel war das Management der Energie- und Stromsteuer bei der Daimler Truck AG, Leinfelden. Das Thema ist komplex, denn je nach Abnahme- oder Einspeisestelle gelten nicht nur ganz unterschiedliche steuerliche Vorschriften, für die Strom- und Energiesteuer sind auch verschiedene Hauptzollämter zuständig. Und die agieren oft nicht einheitlich. Eine enge Abstimmung mit den Ansprechpartnern in den Zollämtern ist daher eine der zentralen Herausforderungen, so der Erfahrungsbericht auf dem Sym- posium. Dabei wurden nicht nur die unterschiedlichen Anforderungen des Energie- und Stromsteuerrechts beleuchtet, sondern auch, was bei Außenprüfungen zu beachten ist.
Um hier jederzeit belastbare Aussagen treffen zu können, setzt auch Daimler Truck auf das Energiekonto von Meine-Energie. Basis für die Steuererklärungen, aber auch für die Beantwortung von Rückfragen sind hier künftig die Energie- und Strombilanzen, die über das Energiekonto erstellt werden. Hier fließen die Daten aus den Marktlokationen aller deutschen Standorte zusammen. Hinzu kommen die Daten der Unterstationen sowie der steuerbegünstigten Photovoltaik (PV)-Anlagen und Blockheizkraftwerke (BHKW).
In der Bilanz werden die Ergebnisse am Ende aggregiert und nach steuerfreiem und versteuertem Bezug, Eigenerzeugung KWK und PV oder anderen Kriterien gegliedert dargestellt. Zusätzlich wird die Verwendung angegeben, so dass alle steuerrelevanten Summen auf einen Blick ersichtlich sind, bis hin zu Positionen wie Strom, der zur Stromerzeugung – z.B. in einem BHKW – eingesetzt wurde und damit steuerbefreit ist. In der Bilanz ist nicht nur die komplette Unternehmensstruktur in Deutschland mit allen Abnahmestellen und Erzeugungsanlagen hinterlegt. Hier werden auch alle Stromrechnungen erfasst und automatisch geprüft. Die abgerechneten Energiemengen sind eine wesentliche Grundlage für die Berechnung der Stromsteuer durch das Hauptzollamt. Für die Erstellung einer korrekten Steueranmeldung wurde das Energiekonto weiter ausgebaut, so dass nun nicht nur der Energieverbrauch inklusive der zugehörigen Verträge und Kosten über alle Standorte und Zählpunkte transparent nachvollziehbar ist. Zu jeder Anlage können nun auch alle Informationen über die Art der Anlage, deren steuerliche Einstufung sowie alle zugehörigen Dokumente wie Anmeldungen, Wartungs- oder Prüfberichte, aber auch Bilder hinterlegt werden.
Bezug zu Batteriespeichern und MSB
Neben diesen Schwerpunktthemen wid- mete sich das erste Symposium für kaufmännisches Energiemanagement auch weiteren Themen wie dem Messstellenbetrieb oder dem Einsatz von Batteriespeichern im industriellen Umfeld. In der Rolle des Messstellenbetreibers zeigte Manuel Frohnholzer von der wattline GmbH, die teilweise auch für den Messstellenbetrieb der Müller Drogeriemärkte tätig ist, wie der Smart-Meter-Rollout gerade im Rahmen größerer Liegenschaften sinnvoll umgesetzt werden kann. Und Burkhard Steinhausen vom Beratungsunternehmen PSW Energy berichtete am Beispiel eines Pilotprojekts der Freudenberg-Gruppe am Standort Berlin, wie sich Power-Purchase-Agreements (PPA) mit Batteriespeichern „veredeln“ lassen. Dort wurde 2023 ein Batteriespeicher mit insgesamt 550 kWh in Betrieb genommen. In Kombination mit PPA konnte dort gezeigt werden, dass sich die Investition in den Speicher über solche Ansätze je nach Verbrauchsprofil bereits nach zwei bis fünf Jahren amortisiert. Auf dieser Basis soll das Modell nun auf weitere europäische Freudenberg-Standorte ausgerollt werden. (sg)
www.meine-energie.de
www.psw-energy.com
www.daimlertruck.com
www.mueller.de
www.wattline.de