26.09.2024 – In Deutschland bietet §19 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) Unternehmen die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Netzentgelte zu senken. Da diese etwa 20 Prozent der Stromkosten ausmachen, lohnt es sich für Industrieunternehmen mit einem hohen Energiebedarf, sich bezüglich dieses Einsparpotentials zu informieren.
Batteriespeichersysteme bieten eine ideale Möglichkeit, die Netzentgelte durch Beeinflussung der Lastkurve zu reduzieren. Drei Wege stehen grundsätzlich zur Verfügung: Zum einen kann bei intensiver Stromnutzung – im Konkreten einer Benutzungsstundenzahl von mindestens 7.000 Stunden an einer Stromabnahmestelle aus dem Netz und einem Stromverbrauch an dieser Abnahmestelle von zehn Gigawattstunden im Jahr – ein individuelles Netzentgelt vereinbart werden. Als zweite Option bietet sich das allgemeine Absenken der höchsten Stromlastspitze im Jahr an, was als sogenannte „Peak Shaving“, oder zu Deutsch „Lastspitzenkappung“, bezeichnet wird. Da die höchste Lastspitze das vom Industrieunternehmen zu zahlende Netzentgelt für ein komplettes Jahr definiert, spart das Unternehmen die zusätzlichen Kosten, wenn die Stromspitze mit Hilfe eines Batteriespeichers ausgeglichen wird. Eine dritte Lösung ist die sogenannte „atypische Netznutzung“. Hier kappt der Batteriespeicher in den vom Netzbetreiber definierten Hochlastzeitfenstern Lastspitzen und erzeugt dabei eine Differenz von mindestens 20 Prozent (für Hochspannungsanschlüsse gelten zehn Prozent) der maximalen Last zwischen der Hochlast- und Nied-riglastzeit in der Mittelspannung. Als Folge werden die Stromkosten ausschließlich auf Basis der gekappten Spitze innerhalb des Hochlastzeitfensters berechnet, wodurch die Industrie nennenswerte Stromkosteneinsparungen realisieren kann. Im Gegensatz dazu werden die Stromkosten beim „regulären“ Stromverbrauch auf Grundlage der höchsten Lastspitze des Jahres kalkuliert.
Beispiel Anheuser Busch InBev
Insbesondere für Unternehmen wie große Lebensmittelkonzerne, die zusätzlich zum hohen Stromverbrauch Prozesse haben, die nicht nach vom Netzbetreiber definierten Hochlastzeitfenstern ausgerichtet werden können, bieten Batteriespeichersysteme die nötige Flexibilität. Anheuser-Busch InBev, der zweitgrößte Brauereikonzern auf dem deutschen Markt, hat die Vorteile der Batterietechnologie für seine vier Standorte in Deutschland erkannt und integriert diese nun in Kooperation mit EDF Renewables Deutschland zum Kappen von Lastspitzen. Eine Win-win-Situation: Der Konzern nutzt nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile, die sich für ihn durch die gesenkten Energiekosten ergeben, sondern auch das Potential der Batteriespeicher zur Erreichung seines Ziels einer klimaneutralen Wertschöpfungskette für seine Brauereien im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie. Die Projekte bei Beck & Co. in Bremen und Hasseröder in Wernigerode sind bereits abgeschlossen, das dritte in München, bei Spaten-Löwenbräu, soll in den kommenden Wochen fertiggestellt werden. Mit dem verbliebenen vierten Projekt in Issum stehen dem Betrieb künftig über 5 MW Batteriekapazität zur Verfügung, welche die Energieeffizienz erhöhen, ohne zusätzliche Ressourcen zu beanspruchen und sich ohne Aufwand in die bestehende Energieinfrastruktur integrieren lassen. Ohne Prozessabläufe zu unterbrechen, profitiert die Brauerei von reduzierten Netzentgelten, indem das speziell auf ihre Betriebsabläufe abgestimmte Batteriespeichersystem sich bei auftretenden Stromspitzen in der Hochlastzeit entlädt und diese damit kappt. Der erhöhte Strombedarf wird mithin in Zeiten verschoben, in denen das Netz weniger ausgelastet ist. Diese Art der atypischen Netznutzung ist Voraussetzung für die Stromkostenersparnis.
Netz stabilisieren
Zusätzlich trägt der Batteriespeicher zur Stabilisierung des Stromnetzes bei, indem dieser den Übertragungsnetzbetreibern am Regelleistungsmarkt Primärreserve zur Verfügung stellt und damit schnell plötzliche Stromschwankungen im öffentlichen Netz ausgleicht. So wurde zwischen AB InBev und EDF Renewables Deutschland ein Kooperationsvertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren geschlossen, bei dem sämtliche Risiken und Investitionen von EDF Renewables getragen werden. Im Rahmen des Full-Service Pakets werden abgesehen von der Finanzierung auch die Last- und Standortanalyse sowie Installation, Betrieb und Wartung übernommen. Die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells für EDF Renewables selbst erstreckt sich über einen relativ langen Zeithorizont. Das Unternehmen refinanziert seine Projekte aktuell auf zwei Wegen: zum einen werden die mit Hilfe des Batteriespeichers erzielten jährlichen Einsparungen zwischen beiden Unternehmen aufgeteilt, zum anderen durch die Vergütung der Regelenergie, die zur Frequenzsicherung am Primärregelleistungsmarkt bereitgestellt wird. (sg)