27.11.24 – Intelligente Pumpenlösungen könnten helfen, den Energiebedarf für die Kühlung zu senken und Abwärme von Rechenzentren besser zu nutzen.
Pumpensysteme sind in Rechenzentren für die Wasseraufbereitung und -verteilung wichtig, zunehmend aber auch für die Kühlung. Die mit Kaltwasser betriebenen Anlagen verwenden derzeit meist zentrale Pumpen. Ein neuer Weg, der energetische Einsparungen verspricht, basiert auf einer intelligenten Wasserzirkulation mit verteilten Pumpensystemen (Distributed Pumping). Eine Durchflussregelung mit dezentralen, intelligenten Umwälzpumpen senkt dabei den Widerstand innerhalb des Systems. Druck wird nur noch erzeugt, wann und wo er wirklich benötigt wird – vorausgesetzt, es gibt eine angepasste Steuerung der Primärpumpen. Einen solchen Ansatz verfolgt der Pumpenhersteller Grundfos.
Abwärme für Fernwärmenetze
Was unspektakulär klingt, ist tatsächlich ein Paradigmenwechsel in Kaltwassersystemen. „Mit dezentralen Pumpen lässt sich der Förderstrom besonders effizient durch das Kühlungsnetz des Rechenzentrums verteilen. Anwendungsbeispiele zeigen, dass sich der Energieverbrauch für den Pumpenbetrieb im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen in der Größenordnung von mehr als 50% reduzieren lässt“, erklärt Stefan Kauer, Senior Service Sales Engineer bei Grundfos.
Ein weiterer Aspekt der energetischen Optimierung von Rechenzentren ist die Abwärmenutzung. Nach konservativen Schätzungen des AGFW (Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK) könnte industrielle Abwärme, wenn sie mit der Fernwärme verbunden wird und ein Neuanschluss bisher einzelversorgter Gebäude vorliegt, für mindestens 40% der Einsparungen sorgen, die im deutschen Klimaschutzplan bis 2030 im Gebäudesektor vorgesehen sind.
Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI bestätigt das Potential. Eine ISI-Untersuchung hat die Daten von 1.608 europäischen Industriestandorten mit Daten zum Wärmebedarf und bestehenden sowie potenziellen Fernwärmenetzen abgeglichen. Demnach entstehen mehr als 35% der industriellen Abwärme maximal zehn Kilometer von bestehenden Fernwärmesystemen entfernt. 7% der derzeitigen Fernwärmenachfrage in Deutschland könnte also durch überschüssige Wärmequellen aus energieintensiven Industrien gedeckt werden. Rechenzentren bergen hier enormes Potenzial. Laut einer Studie von Danfoss haben die Rechenzentren in der EU und UK bereits im Jahr 2020 zusammen rund 95 TWh verfügbare Abwärme erzeugt. Der AGFW schätzt in seinem Leitfaden zur Erschließung von Abwärmequellen für die Fernwärmeversorgung, dass 2020 nur 19% der Rechenzentren einen Teil ihrer Abwärme genutzt haben und beziffert das Potenzial für die Auskopplung bis 2025 auf etwa 11 TWh.
Bestehende Netze ertüchtigen
Die bereitgestellte Abwärme muss in der Praxis sinnvoll nutzbar sein. Bei der Einspeisung in Fernwärmenetze stehen dem häufig hohe Netztemperaturen entgegen. Bei den vorhandenen Fernwärmenetzen haben sukzessive Erweiterungen, neu angeschlossene Wohngebiete und dynamische Gewerbeentwicklung vielerorts zu heterogenen Netzen geführt, die unterschiedlichste Verbraucher vom Niedrigenergiehaus bis zum energieintensiven Industriebetrieb versorgen. Da die Übertragungstemperatur meist auf den Wärmebedarf des größten Verbrauchers abgestimmt ist, werden solche Netze oft mit Vorlauftemperaturen ge- fahren, die für einen Großteil der Verbraucher wesentlicher höher sind als eigentlich erforderlich. Bei hohen Vorlauftemperaturen von oft mehr als 100 Grad lässt sich die niedergrädige Abwärme aus Rechenzentren und industriellen Prozessen nicht sinnvoll nutzen.
Abhilfe schafft die Unterteilung des Fernwärmenetzes in unterschiedliche Temperaturzonen. In Teilbereichen des Netzes, in denen der Wärmebedarf der angeschlossenen Verbraucher es erlaubt, kann die Netztemperatur bedarfsgerecht abgesenkt werden. Grundfos beispielsweise bietet dafür die neuartige Lösung iGRID an, mit der sich die Vorlauftemperatur über einen Mischkreis mit Beimischung aus dem Rücklauf an das erforderliche Temperaturniveau anpassen lässt. Eine intelligente Regelung sorgt für optimale Vorlauftemperatur für jede Zone, auch bei verändertem Wärmebedarf. Das iGRID-System überwacht permanent die relevanten Daten aus dem Netz, erkennt Verbrauchsmuster und kann zudem Witterungsdaten und Wettervorhersagen heranziehen, um den Vorlauf rechtzeitig anzupassen. Steuern lässt sich die Anlage sowohl über eine vorhandene Leittechnik als auch über eine vom Hersteller bereitgestellte Cloudplattform. In Dänemark wird diese Technik schon länger eingesetzt, das erste Pilotprojekt in Deutschland startete Ende 2020 die Netzgesellschaft Niederrhein (NGN) im Fernwärmenetz Krefeld.
Potenzial durch Absenkung der Vorlauftemperatur
Durch die Absenkung der Vorlauftemperatur auf 60 bis 90 Grad in einzelnen Netzabschnitten ist es möglich, Wärme aus Erneuerbaren Energien und Abwärme aus industriellen Prozessen und Rechenzentren direkt oder angehoben ins Fernwärmenetz einzuspeisen. In Datacentern fallen typischerweise Rücklauftemperaturen von etwa 22 bis 35 Grad aus der Luftkühlung und 40-60 Grad aus der Flüssigkühlung an. Mit Hilfe von Sole/Wasser-Wärmepumpen lässt sich der Rücklauf effizient und möglichst CO2-neutral auf das Fernwärmeseitig geforderte Temperaturniveau bringen. „Abwärme ist unsere größte ungenutzte Energiequelle, und insbesondere Datacenter bieten hier ein riesiges Potenzial“, erläutert Thomas Gierlich, Senior Sales Developer CBS D-A-CH bei Grundfos. Mit der Einrichtung iGRID-geführter Temperaturzonen lässt sich diese Abwärme sinnvoll nutzen. (sg)