11.09.2023 – Die PV-Kraft gilt als die Erzeugungsquelle mit der größten installierten Leistung in Deutschland. Trotzdem gibt es für Industrie und Gewerbe noch immer einiges zu beachten, bevor die eigene Solaranlage auf dem Unternehmensdach ans Netz gehen kann.
Die Energiewende in Deutschland hat in den letzten Jahren immer mehr an Fahrt aufgenommen – und die Solarenergie spielt dabei eine entscheidende Rolle: im März 2023 waren auf deutschen Dächern nach Angaben des Statistischen Bundesamts insgesamt knapp 2,6 Millionen PV-Anlagen mit einer Nennleistung von etwa 64 Gigawatt (GW) installiert. Zum Vergleich: alle deutschen Stein- und Braunkohlekraftwerke kommen gemeinsam auf eine Leistung von rund 38 Gigawatt. Photovoltaik ist damit die Erzeugungsquelle mit der größten installierten Leistung in Deutschland. Um das deutsche Ausbauziel, bis zum Jahr 2030 insgesamt 215 GW installierte PV-Leistung zu haben, erreichen zu können, ist es trotzdem noch immer ein weiter Weg.
Dabei helfen technologische Weiterentwicklungen: moderne PV-Module sind effizienter, langlebiger und kostengünstiger geworden, was ihre Rentabilität und damit Attraktivität für Unternehmen erheblich steigert. Hinzu kommt die fortschreitende Entwicklung von Speichertechnologien, die eine effektive Nutzung des erzeugten Solarstroms auch außerhalb der Sonnenstunden ermöglicht.
Vorteile und Rentabilität
PV-Anlagen bieten daneben insbesondere für Unternehmen eine ganze Reihe wirtschaftlicher, strategischer und sozialer Mehrwerte. Beispielsweise kann mit der Solarstromproduktion vom eigenen Gewerbedach die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und vom Energiemarkt deutlich verringert werden. Wie rentabel eine wirtschaftliche PV-Anlage für Industrie und Gewerbe wirklich sein kann, zeigte sich beispielsweise anhand der Energiekrise im Zuge des Ukraine-Konflikts. Quasi über Nacht stiegen die Preise für eine Kilowattstunde Strom ins Unermessliche, für energieintensive Betriebe gingen die Mehrkosten schnell in Millionenhöhe.
Obwohl die Kosten, um mit einer Aufdachanlage auf einem Gewerbedach Strom zu erzeugen (Stromgestehungskosten), nach wie vor hoch scheinen – nach Anhaben der NRW.Energy4Climate GmbH sind Kosten von 5 bis 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh) üblich –, rentieren sich die Anlagen langfristig: vergleicht man gewerbliche Strombezugspreise, die auf teils 35 ct/kWh und mehr gestiegen sind, mit den Stromgestehungskosten einer Photovoltaikanlage, so kann ein Unternehmen mit jeder vor Ort genutzten Kilowattstunde etwa 25 ct sparen. Werden beispielsweise vor Ort etwa 100.000 kWh Solarstrom produziert – das entspricht dem Ertrag einer circa 120 kWp-PV-Anlage – und davon etwa 80.000 kWh direkt genutzt, belaufen sich die Einsparungen auf circa 20.000 Euro pro Jahr. Je mehr Strom also vor Ort direkt genutzt werden kann, desto größer ist die Kostenersparnis.
Die meisten gewerblichen PV-Anlagen amortisieren sich daher nach acht bis zehn Jahren, teils sogar schon unter fünf Jahren. Für immer mehr Anwendungsfälle kann die Eigenversorgung zudem mit Hilfe von Batteriespeichern optimiert werden, welche zusätzlich die Kosten für die Leistungsbereitstellung senken, die Stromqualität steigern und notfalls auch echten Ersatzstrom bieten können.
Voraussetzungen für die Installation
Für die Installation von Photovoltaikanlagen sind nahezu alle Dachtypen geeignet. Am einfachsten ist die Installation auf Flachdächern sowie Schrägdächern mit Trapezblecheindeckung. Da die Photovoltaikanlage mehrere Jahrzehnte auf den Dächern verbleiben wird, sollte der Zustand des Daches vor der Installation geprüft werden, damit Schäden ausgebessert werden können. Ist eine Dachsanierung kurzfristig in Planung, bietet diese Maßnahme einen sinnvollen Zeitpunkt für die parallele Installation einer PV-Anlage, da zum Beispiel eine Einrüstung des Gebäudes bereits vorhanden ist und von den Installateuren genutzt werden kann.
Außerdem ist klar: PV-Anlagen bringen zusätzliche Dachlasten mit sich. Aus diesem Grund sollte im Vorfeld durch einen Statiker geprüft werden, ob das Dach genügend Traglastreserven aufweist, schließlich entstehen durch das Eigengewicht der Module und der Unterkonstruktion neue Flächenlasten. Zudem können bei windigem Wetter Druck- und Sogkräfte auf die Module und das Dach wirken. Hierzu kann die Unterkonstruktion mit Gewichten künstlich beschwert werden, um ein Abheben der Module zu verhindern.
Größe und Leistung bestimmen
Bleibt die Frage, wie groß eine gewerbliche PV-Anlage dimensioniert sein sollte. Freilich ist das von individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Unternehmen abhängig: beispielsweise kann der Strombedarf für die Bestimmung der Anlagenleistung herangezogen werden. Hierbei gilt die Daumenregel 1,5 kW pro 1 MWh Stromverbrauch. Allerdings sollten auch die Leistungsgrenzen, die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die TAR (technische Anschlussregeln) vorgegeben sind, mit in die Dimensionierungsentscheidung einfließen. Zudem ist die geeignete Dachfläche unter Umständen zu gering oder deutlich größer als notwendig. Auf Flachdächern sind circa 7 Quadratmeter Dachfläche pro kW erforderlich. Für Schrägdächer liegt der Wert bei etwa 5 Quadratmetern pro kW.
Da die Stromgestehungskosten mit der Anlagengröße sinken, bietet es sich in den meisten Fällen an, die vorhandene Dachfläche maximal auszunutzen und die Anlage knapp unter oder deutlich über den Grenzwerten des EEGs auszulegen. Übliche Anlagengrößen im Rahmen des EEG sind daher 30 kW, 99 kW, 300 kW und seit 2023 1 MW.
Gesetzliche Vorgaben
Im Zuge einer Photovoltaik-Projektumsetzung sind sowohl aus planungsrechtlicher als auch technischer Sicht gesetzliche Vorgaben zu berücksichtigen. Für eine Aufdach-Photovoltaik ist in der Regel keine Baugenehmigung erforderlich. Ausnahmen können bei PV-Anlagen auf denkmalgeschützen Gebäuden, Fassaden-PV-Anlagen oder bauwerkintegrierten PV-Anlagen (z. B. im Rahmen einer Überkopfverglasung) bestehen.
Möglichst früh im Planungsprozess sollte zudem eine „Anfrage zum Anschluss einer Eigenerzeugungsanlage“ beim zuständigen Netzbetreiber gestellt werden (Netzverträglichkeitsprüfung). Hierbei wird vom Netzbetreiber geprüft, welche Anlagenleistung unter welchen Voraussetzungen an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden kann.
Auch die technischen Anschlussbedingungen beziehungsweise die VDE-Anwendungsregeln können Einfluss auf die Planung und Anlagendimensionierung haben, da bei einer Überschreitung bestimmter Leistungswerte die Installation zusätzlicher Hardware und die Zertifizierung der PV-Anlage notwendig wird. Die damit verbundenen höheren Installationskosten haben entsprechend Einfluss auch auf die Wirtschaftlichkeit der Investition.
Förderung
Die Errichtung einer gut ausgelegten PV-Anlage kann damit bereits ohne staatliche Förderung eine wirtschaftlich lohnende Investition für Unternehmen darstellen. PV-Anlagen mit Leistungswerten im Bereich von mehreren hundert Kilowatt oder deutlich über 1 Megawatt, die heutzutage im Gewerbebereich üblich sind, bieten zwar ein hohes wirtschaftliches Potential, bedürfen aber zunächst einer entsprechend hohen Investitionssumme für Anschaffung, Installation und Inbetriebnahme.
Die aktuelle Förderlandschaft bietet vor diesem Hintergrund vielfältige Anreize, um die Installation von Photovoltaik-Anlagen wirtschaftlich attraktiver zu machen. Die Fördermöglichkeiten reichen von der gesetzlichen Vergütung des eingespeisten Stroms im Rahmen des EEG, bis hin zur direkten Bezuschussung von Beratungsleistungen und Machbarkeitsstudien oder ergänzenden technischen Komponenten wie Batteriespeichern sowie Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Insbesondere bei der direkten Bezuschussung ist es jedoch wichtig zu beachten, dass die Umsetzung beziehungsweise Beauftragung der geförderten Maßnahmen grundsätzlich erst nach Beantragung beziehungsweise Bewilligung der Förderung durch den jeweiligen Fördermittelgeber erfolgen darf.
Für Unternehmen bietet das novellierte EEG damit eine der wichtigsten Entscheidungsgrundlagen im Rahmen einer eigenen PV-Strategie. Für die Art und Höhe der Vergütung wird innerhalb des EEG die installierte Nennleistung der PV-Anlage in Kilowatt-Peak (kWp) herangezogen.
Die Degression der anzulegenden Werte wird bei PV-Aufdachanlagen zudem bis Februar 2024 ausgesetzt und anschließend auf eine halbjährliche Degression umgestellt. Weiterhin gilt zu beachten, dass sich die Vergütungssätze seit Inkrafttreten der EEG-Novellierung 2022 für Anlagen deutlich erhöht haben, die den in einem Kalenderjahr produzierten Strom vollständig ins öffentliche Netz einspeisen. In diesem Zusammenhang waren Anlagenbetreiber dazu verpflichtet, auf den selbstverbrauchten Strom 40 Prozent der gültigen EEG-Umlage zu entrichten. Durch den Wegfall der Umlage entfällt dieser Kostenbestandteil bei der Eigenversorgung. Damit entfallen auch vorherige Pflichten, Solarstrom für den Eigenverbrauch und an Dritte gelieferte Strommengen messtechnisch abzugrenzen, wodurch auch das Meldewesen insgesamt vereinfacht wurde. Damit steht einem weiteren PV-Ausbau in Industrie und Gewerbe nichts mehr im Weg. (jr)