11.04.24 – „Vermeiden, Reduzieren, Kompensieren“, so lautet die zentrale Devise des Carbon Management. Darunter versteht man die Reduktion von klimaschädliche Kohlendioxid (CO2)-Emissionen. Sie besteht aus den drei Technologiebereichen Carbon Capture and Storage (CCS, die Speicherung von CO2 im Untergrund) ), Carbon Capture and Utilization (CCU, die weitere Verwendung von CO2)) und Carbon Dioxide Removal (CDR, die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre). Nun hat der VDMA die Studie „Carbon Management 2035“ mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI erstellt. Erstellt wurde die Studie innerhalb des Projekts VDMA Future Business, der VDMA Power Systems hat sich als zentraler Fachpartner maßgeblich eingebracht.

In der Studie werden vier Szenarien dazu entworfen, wie Wirtschaft, Politik und Gesellschaft mit dem Thema Kohlenstoffemissionen umgehen.
Quelle: VDMA
Die Studie beschreibt vier Szenarien und empfiehlt eine verstärkte Förderung von Innovation und Forschung, die Schaffung unterstützender politischer Rahmenbedingungen sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, um Carbon Management-Technologien erfolgreich zu etablieren und so die Klimaziele zu erreichen.
Transformation zu einer klimaneutralen Industrie
„Bereits 1972 veröffentlichte der Club of Rome seinen viel beachteten Bericht „Grenzen des Wachstums“, in dem neben dem Umwelt- auch der Klimaschutz angemahnt wurde“, erklärt Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA. „Heute, mehr als fünf Jahrzehnte später, sind die Themen des Berichts aktueller denn je, die Zeit drängt. Der Weltklimarat IPCC mahnt Carbon Management an, um die Pariser Klimaziele noch erreichen zu können“. Um dem Klimawandel wirksam zu begegnen, ist aus Sicht des Maschinen- und Anlagenbaus eine ganzheitliche Strategie erforderlich. „Eine erfolgreiche Transformation erfordert günstige politische Rahmenbedingungen, den Einsatz und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien, einen nachhaltigen Ausbau der Energie- und Versorgungsinfrastruktur sowie qualifizierte Fachkräfte insbesondere in den Bereichen Umwelttechnik und Nachhaltigkeitsmanagement. Darüber hinaus sind ein starker gesellschaftlicher Rückhalt und ein gesteigertes Bewusstsein für umweltfreundliches Handeln unabdingbar“, sagt Dr. Eric Maiser, Leiter VDMA Future Business.
Neue Schnittstelle zwischen Klima- und Industriepolitik
Das Thema Carbon Management hat, so die Studie, in Deutschland und Europa deutlich an Bedeutung gewonnen. Dies sei vor allem auf politische und gesetzgeberische Impulse zurückzuführen. Man unterscheidet zwei Säulenstrategien, einmal die industrielle Anwendung von CCS/CCU und zum anderen die CO2-Entnahme aus der Atmosphäre. Zentrale Ziele sind dabei der Abbau rechtlicher Hemmnisse, die Moderation der politischen Diskussion und die Identifizierung von Fördermöglichkeiten.
Die Szenarien
„Vollgas fürs Klima – Schöne neue Carbon Welt“
Hier trifft eine konsequente EU-Carbon Management-Strategie auf breite Akzeptanz in der Bevölkerung und wird international erfolgreich umgesetzt. Der weltweite Handel mit physischem CO2 und daraus abgeleiteten Produkten floriert, auch mit neuen Geschäftsmodellen.
„Transformationsstau – Hohe Forderungen, mangelnde Akzeptanz“
Bei diesem Szenario bremsen Skepsis zu CO2 -Speichern in der Bevölkerung und regulatorische Hürden die umfassende Einführung von Carbon Management. Zwischen Zertifikatehandel und drohender Deindustrialisierung versuchen sich Unternehmen zu arrangieren.
„Verschobene Arbeitsteilung – Insel EU“
Die EU befindet sich im Dilemma zwischen gesellschaftlichem Druck nach effektivem Klimaschutz und Abwanderungstendenzen der Industrie und stärkt den Binnenmarkt für Carbon Management. Eine internationale Allianz treibt das Thema, andernorts locken laxere Regeln.
„Ohne Limit – Adaption statt Prävention“
Hier fällt man durch Nationalismus und Populismus in alte Verhaltensmuster zurück: Unternehmen müssen sich auf die Schadensbegrenzung des Klimawandels konzentrieren.
Aktuelle politische Vorhaben, wie die Reform des Kohlenstoffspeicherungsgesetzes und die Entwicklung einer umfassenden Kohlenstoffmanagementstrategie, zeigen die wachsende Bedeutung dieser Technologien. „Das Bekenntnis der Bundesregierung zur CO2-Speicherung und -Nutzung ist positiv. Nun müssen schnellstmöglich alle Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass die Technologien in Deutschland und in Europe breite Anwendung finden können“, fordert Dr. Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems und Mitinitiator der Studie.
Vier Szenarien für 2035
Anders als die meisten bisher existierenden Studien versucht der Szenarioansatz nicht, eine möglichst wahrscheinliche Prognose zu erstellen oder eine wünschenswerte Zukunft zu modellieren. „Foresight schafft Resilienz für Unternehmen. Wir setzen uns strukturiert mit möglichen Zukünften auseinander, indem wir Szenarien erarbeiten, die mögliche Entwicklungen abbilden. Es ist spannend zu sehen, wie sich schon heute Maßnahmen und Handlungsoptionen ableiten lassen, die Orientierungswissen für robuste Zukunftsstrategien bereitstellen“, sagt Dr. Anna Kirstgen vom Competence Center Foresight bei Fraunhofer ISI.