20.02.2025 – MAN will bis 2030 die CO2-Emissionen halbieren. Zum Auftakt wurden in Augsburg zwei große PV-Dachanlagen umgesetzt. Ein EZA-Regler von Bachmann sorgt dabei für das Energiemanagement.
Die Volatilität der Erneuerbaren Energien bringt es mit sich, dass genügend große Lasten und Erzeugungsanlagen gesteuert werden können, um die Stabilität des Netzes nicht zu gefährden. Entsprechende Studien der Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland rechnen mit Lastmanagementpotenzialen von bis zu 4 GW, die in den kommenden Jahren über ein entsprechendes “Demand Side Management“ (DSM) bei Bedarf abgeschaltet oder verschoben werden könnten. Unternehmen müssen sich der Herausforderung, sich auf ein netzdienliches Verhalten einstellen zu können, reagieren.
Dynamische Bewirtschaftung im Sinne der Netze
Im Fokus steht dabei auch die Prozesswärme. Unternehmen wie MAN Energy Solutions arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, um Prozesswärme zu elektrifizieren. Der weltweit tätige Anbieter von Großdiesel- und Gasmotoren sowie Turbomaschinen beschäftigt rund 15.000 Mitarbeitende an mehr als 140 Standorten weltweit.
Etwa 75 Prozent der Treibhausgasemissionen der Industrie schreibt man der Erzeugung von Prozesswärme zu, die vor allem in der Herstellung von Stahl, Metall, Glas oder Papier und in der chemischen Industrie benötigt wird. Auch industrielle Querschnittstechnologien wie Heizung, Klimatechnik und Lüftung, Beleuchtung oder auch Rechenzentren bieten Potenziale im Lastmanagement. „Damit kommt auf einen großen Produktionsstandort eine Herkulesaufgabe zu, von der wir heute noch nicht genau sagen können, was sie uns in den kommenden Jahren genau abfordern wird“, sagt Michael Kramer, Leiter Energy Plants, Work Services Production der MAN Energy Solutions in der Firmenzentrale in Augsburg. „Wurden bisher die Netze ausschließlich nach rein kommerziellen Gesichtspunkten geführt, werden wir uns in Zukunft an der Verfügbarkeit der Energie orientieren müssen. Das bedeutet, dass wir in der Lage sein müssen, die Netze sehr viel dynamischer als heute zu bewirtschaften.
Pionier stellt sich den Herausforderungen

Im Rahmen der Selbstverpflichtung, den absoluten CO2-Ausstoß an den eigenen Produktionsstandorten bis 2030 im Vergleich zu 2018 um 50 Prozent zu senken, verfolgt MAN ein zentral koordiniertes Programm zur Steigerung der Eigenstromerzeugung. 2024 ging eine Photovoltaikanlage am Standort Augsburg in Betrieb. Weitere sind geplant. Quelle: MAN
Die Volkswagen-Tochter MAN Energy Solutions ist sich ihrer Rolle als Pionier für die Schlüsselindustrien der globalen Wirtschaft bewusst. Dabei sucht das Unternehmen nach Lösungen, die einen nachhaltigen Fortschritt ermöglichen. Diese Aufgabe hat Michael Kramer auch für das Energiemanagement des Standorts Augsburg angenommen: „Unser unternehmerisches Ziel ist es, bis 2030 die CO2-Emissionen in unseren Produktionsstätten weltweit auf die Hälfte zu reduzieren. Aber dazu müssen wir die Weichen heute stellen, damit wir als produzierendes Unternehmen bereit für den Umbau der Energieversorgung sind.“
Kramers Standortbestimmung liest sich denn auch als einzige Herausforderung: Es gibt eine wachsende Anzahl von Erzeugern und Speichern, aber auch große Lasten, welche zukünftig steuerbar sein müssen. Klimagesetz und Bauordnungen verpflichten zum Ausbau der Photovoltaik auf Dachflächen. Die VDE-AR-4110/4120 fordert die zentrale Steuerbarkeit von PKW- und LKW-Ladeeinrichtungen. Um Spannungseinbrüche zu verhindern, müssen gegebenenfalls Einschaltvorgänge von Antrieben aufeinander abgestimmt werden. Und, und, und. „Damit sind nur einige ‚Akteure‘ genannt. Denn nicht alle, die noch auf uns zukommen werden, können wir heute schon genau benennen“, erklärt der Ingenieur.
Suche nach der Lösung
Kramer und sein Team gingen deshalb der Frage nach, wie eine solche Transformation am Standort gelingen könne. Die Faktenlage war klar: MAN muss zu jeder Zeit die in den Normen und Gesetzen geforderten Netzanschlussbedingungen erfüllen können. Und trotz der herausfordernden Randbedingungen muss eine effiziente und gleichermaßen ökologisch wie ökonomisch optimierte Betriebsführung gelingen. Normativ sind diese beiden Anforderungen heute getrennt: Die VDE-AR-N 4110/4120 stellt die Anforderungen an die Netzstabilität über Bezug und Lieferung der Leistung, während die Fragen der energetischen Optimierung aus dem Energiewirtschaftsgesetz abgeleitet werden, das mit Leistungsmittelwerten argumentiert.
„Wir suchten also ein System, das beide Anforderungen zusammenführen kann und so zukunftssicher ist, dass wir in den kommenden Jahren perspektivisch einige Dutzend Erzeugungseinheiten – aber Zug um Zug – einbinden können. Gleichzeitig muss es so offen sein, dass wir daraus die Informationen gewinnen können, um ein in weiten Teilen noch nicht überschaubares Konglomerat relevanter Lasten zu steuern.“ – Gelandet ist Kramer mit dieser Aufgabe bei Bachmann.
Bachmann-EZA-Regler für den Produktionsstandort

Der auf Basis des M200-Steuerungssystems realisierte EZA-Regler ermöglicht es MAN, die Erzeugung des gesamten Standorts Augsburg zu zertifizieren und an das Stromnetz anzuschließen. Quelle: MAN
Auf Basis des M200-Steuerungssystems hat Kramer nun einen redundanten EZA-Regler realisiert: Die nach VDE-AR-N 4110/4120 zertifizierten Funktionen des Smart Power Plant Controllers (SPPC) von Bachmann electronic ermöglichen es MAN, die Erzeugung des gesamten Standorts zu zertifizieren und an das Stromnetz anzuschließen. Dem EZA sind sogenannte EZE-Gateways untergelagert, mit denen die einzelnen
Erzeugungseinheiten (EZE) eingebunden sind und die deren Entkupplungsschutz sicherstellen. Die theoretische Grenze von 100 EZE wird Kramer wohl in absehbarer Zeit kaum erreichen, sieht das aber dennoch als entscheidenden Aspekt: „Bachmann ist einer der wenigen Anbieter, dessen Systeme solche Anforderungen schon heute erfüllen können.“

Vom Bachmann-EZA-Regler können bis zu 100 Erzeugungseinheiten (EZE) gemanagt werden. Die EZE sind bei MAN über standardisierte Gateways angeschlossen, die rasch für die jeweilige EZE parametriert werden können. Quelle: Bachmann electronic
Die Integration des Systems wurde gemeinsam mit Bachmann an zwei großen PV-Dachanlagen am Standort Augsburg pilotiert. Kramer lobt die partnerschaftliche Zusammenarbeit: „Die unterschiedlichsten Akteure haben dabei zusammen eine Lösung erarbeitet, mit der wir unser vorhandenes Lastmanagementsystem auf sehr tiefer Ebene mit dem EZA koppeln konnten. Auch da zeichnet sich die Systemoffenheit aus.“
Alles erst der Anfang …
„Das Wichtigste wurde mit diesem Projekt geschaffen: Eine Plattform, auf der sich die verschiedensten Systeme und Anforderungen der Netzbetreiber und der Energiewirtschaft zusammenführen lassen“, sagt Frank Zdrallek, Key Account Manager in der Business Unit Renewables bei Bachmann electronic. Für Kramer ist das alles aber erst der Anfang: „Wir haben einen Standard, auf dem wir aufbauen können. Nun bringen wir Schritt für Schritt weitere Funktionalitäten dazu, welche es uns ermöglichen, unsere Erzeuger systemdienlich zu integrieren und unsere Verbraucher intelligent zu steuern.“ „Und Bachmann steht dazu an seiner Seite“, so Zdrallek.